Eine bäuerliche Familie "von Hugstetten" um 1281
von Thomas Steffens
Für Hugstetten (die alte Namenform ist meist "Hustat") stehen 1281 und 1291 als Ersterwähnungsjahre zur Auswahl. Davon war 1291 sicher besser für ein Dorfjubiläum geeignet – es fand 1991 statt -, weil damals das Dorf selbst angesprochen wurde in der Gestalt des Pfarrers von Hustat namens Burchard oder Burkhard. Es sollte aber nicht übersehen werden, daß der Ort schon zehn Jahre vorher erscheint, als Bestandteil eines Personennamens. Für die Ortsgeschichte ist auch dies keineswegs ohne Bedeutung.
Im frühen 12. Jahrhundert, unter den Herzögen von Zähringen, war in Hochdorf und Benzhausen das Kloster St. Peter im Schwarzwald zu umfangreichem Grundbesitz gelangt. Einen Teil seiner landwirtschaftlichen Grundstücke – solche nämlich, die von ganz bestimmten Leuten gegen einen Zins genutzt wurden - verkaufte das Kloster 1281 an den Freiburger Bürger Hugo Kücheli. Die lateinisch geschriebene Verkaufsurkunde verzeichnet neben Nutzern aus Hochdorf, Lehen, Benzhausen und Buchheim auch einen "Bertschi (Berthold), genannt Hugstetter, aus Holzhausen" (Berschinus dictus Hustat de Holzhusen).
Es gab also 1281 einen Einwohner von Holzhausen, der nach dem Nachbarort Hugstetten benannt war. Nicht nur das: Um 1320 waren in Holzhausen sogar zwei Personen dieses Namens begütert, sowohl der erwähnte Berschin / Berthold - oder sein gleichnamiger Sohn – als auch ein "Johannes von Hugstat". Sie führten getrennte Haushalte, waren aber sicherlich miteinander verwandt, möglicherweise sogar Brüder.
Gleichzeitig wird aber ein "Johannes von Hustat" auch in Hugstetten selbst erwähnt; wo er eine Hofstelle "beim roten Brunnen" besaß und dem Kloster Tennenbach Zins zahlen mußte. Und im Jahre 1297 betrieb Johannes "der Schwarze von Hustat" einen Hof in Hugstetten, dessen Eigentümer der hochgestellte Freiburger Bürger Konrad Beischer war. Die Johanns in Holzhausen und Hugstetten könnten durchaus ein und dieselbe Person gewesen sein.
Es kommt oft vor, daß der Historiker aus einzelnen "Puzzle-Teilen" einen halbwegs annehmbaren Zusammenhang bilden muß. So auch hier. In den Quellen zeichnet sich, wenn auch nicht bis ins letzte beweisbar, eine Familie "von Hugstetten" ab, von der einige Mitglieder in Holzhausen lebten, andere in Hugstetten.
Was – zum Beispiel – lässt sich über den sozialen Hintergrund dieser Leute annehmen? Verfehlt wäre es sicher, sie für Adlige zu halten, trotz des "von" bei ihrem Namen. Adlige, selbst wenn sie nicht besonders hochrangig waren, wurden im 13. /14. Jahrhundert zusätzlich dominus oder "Herr", miles oder "Ritter" oder auch "Edelknecht" genannt. In unserem Fall bezeichnet das "von" offenbar nur die örtliche Herkunft der Familie bzw. ihren Wohnort.
Die "von Hugstetten" waren Bauern. Die Höfe, auf denen sie saßen und das Land, das sie bebauten, war nicht ihr volles Eigentum; sie mußten dafür Leihe- und Grundzinse zahlen, zum Beispiel an das Kloster Tennenbach oder den Freiburger Patrizier Beischer. Dabei erscheinen sie aber als Angehörige der bäuerlichen Oberschicht. Als grundherrlicher "Meier" oder Hofverwalter - wie "Johannes der Schwarze" (1297) - gehörte man zu den wohlhabenden und im Dorf bestimmenden Leuten. Dazu passt, daß die "von Hugstetten" durchaus in größerem Stil wirtschafteten: der 1281 erwähnte Berschin(us) etwa in Holzhausen und in Hochdorf, Johannes in Hugstetten und Holzhausen.
Berschin von Hugstetten aus Holzhausen hatte eine für uns recht interessante Ehe geschlossen. 1309 erwähnt eine Urkunde "Bertschis von Hustat Hausfrau, genannt die Ihringerin", die in Holzhausen Güter besaß. Ein Hof "der Ihringerin" mit dazu gehörigem Ackerland erscheint 1327 ebenfalls in Holzhausen. Und in Ihringen wiederum bewirtschaftete um 1341 ein "Ruedeger von Hustat" – auch "Ruegeli" genannt – Grundbesitz. Ist das reiner Zufall – oder hat sich da aus einer Heirat eine Besitzverbindung ergeben?
In dieser und in anderer Hinsicht gibt es noch allerlei Probleme zu klären. Zum Beispiel: Gehörte zur Familie "von Hugstetten" auch "Meier Lütolt von Hustat", der 1299 zusammen mit angesehenen Freiburger Bürgern eine Urkunde des Freiburger Heiliggeistspitals bezeugte? Das Spital ist seit 1311 als Grundherr und Hofeigentümer in Hugstetten nachgewiesen; das Auftreten von "Meier Lütolt" macht aber wahrscheinlich, daß es schon vor 1300 vor Ort vertreten war. Auch Lütolt muß vermögend gewesen sein, denn als "Meier von Hugstatt" hat er zusammen mit seiner ungenannten Ehefrau eine Jahrzeitstiftung an der Spitalkapelle in Freiburg vorgenommen.
Es entsteht der Eindruck, daß Hugstetten zur Zeit seiner Ersterwähnungen mehr war als nur ein kleiner Ableger von Buchheim. Zwar lässt sich hier nicht – wie in Buchheim – ein alter "Ortsadel" nachweisen. Es gab aber vor 1300 eine offenbar gut gestellte bäuerliche Familie – vielleicht auch zwei – die sich mit einem gewissen Stolz nach ihrem Herkunftsort benannte, Familien- und Wirtschaftsbeziehungen nach außerhalb unterhielt und in Hugstetten selbst den Besitz auswärtiger Grundherren verwaltete.
Es wird wohl selbst einer umfassenden Recherche für die geplante Chronik kaum gelingen, das Ersterwähnungsjahr Hugstettens zurückzuverlegen. Aber vielleicht lassen sich begründete Vermutungen darüber aufstellen, wie es vor 1281/1291 hier ausgesehen haben könnte.
Dazu gehören auch die Hugstetter Kirche und ihr 1291 erwähnter Pfarrer Burkhard. Beiden wollen wir uns in einer späteren Folge zuwenden.